Ingelheimer Neujahrstauchen: Badewanne statt Rhein

Allgemeine Zeitung vom 19.12.2020

Ingelheimer Neujahrstauchen: Badewanne statt Rhein

Der Sprung in den eiskalten Rhein am Neujahrstag hat in Ingelheim Tradition. Wegen Corona drohte das Spektakel auszufallen. Doch die Veranstalter haben eine Lösung gefunden.

INGELHEIM - Nähern sich die Temperaturen dem Gefrierpunkt, geht es wieder los. Hartgesottene Wasserratten treffen sich, um bei einem gemeinsamen Bad Nässe und Kälte zu trotzen. In den Niederlanden ist der Sprung ins Kalte schon seit langem ein feuchtfröhlicher Brauch, um das neue Jahr zu beginnen. „Nieuwjaarsduik“ heißt das Neujahrstauchen auf Niederländisch.

Doch nicht nur in den Niederlanden, auch in Ingelheim ist der Sprung ins Kalte zum Beginn des Jahres längst Tradition geworden. Seit zehn Jahren organisiert Alex Laurijsse gemeinsam mit seiner Frau Birgit Laurijsse das alljährliche Neujahrstauchen am Strandbad Ingelheim für einen guten Zweck. 

Anleitungsvideo soll bald auf der Webseite stehen

Doch dieses Jahr ist alles anders. Aufgrund der Pandemie kann das Neujahrstauchen zum kommenden Jahr nicht wie gewohnt im eisigen Rhein stattfinden. Deshalb rufen die Veranstalter auf, zu Hause den Sprung ins kalte Wasser zu wagen. Auch dann, wenn er diesmal deutlich kleiner ausfällt, zum Beispiel ins Kinderplanschbecken oder in die Badewanne.
 
Ein Behältnis nach Wahl soll mit eisigem Wasser gefüllt werden. Die Temperatur sollte der des Rheins entsprechen, also circa sieben Grad. Ein Anleitungsvideo für das Neujahrstauchen zu Hause wird demnächst auf der Website des Vereins veröffentlicht.

Einskaltes Bad auf Video festhalten und teilen

Damit der Gemeinschaftsgedanke nicht zu kurz kommt, bitten die Organisatoren, das tollkühne Bad auf Video festzuhalten und in den sozialen Netzwerken zu teilen.
Nach dem eisigen Sprung in den Rhein konnten sich die Wasserratten in den vergangenen Jahren mit der von Birgit Laurijsse bereitgestellten traditionellen Erbsensuppe und heißem Glühwein aufwärmen. Auch hier organisiert der Verein eine Alternative: Pakete gefüllt mit Glühwein, Erbsensuppe und einer Badekappe können in den nächsten Tagen gegen eine Spende beim Verein abgeholt werden.
 
 

Spenden gehen nach Waldlgesheim

Wie auch in den letzten Jahren gehen diese Spenden an ein Herzensprojekt des Vereins. Im Neujahr 2021 ist dies Lorena Fleck aus Gau-Algesheim. „Aufgrund eines Gendefekts war sie auf eine Knochenmarkspende angewiesen“, erzählt Alex Laurijsse. Zunächst schien alles gut zu werden. Doch der Körper von Fleck stieß das fremde Blut nach einigen Jahren ab. Eine Hirnentzündung bildete sich und Lorena Fleck wurde ins künstliche Koma versetzt. Die Chancen aus diesem zu erwachen waren gering. Doch wie durch ein Wunder schaffte es die Waldalgesheimerin.
 
Doch Fleck hat durch das künstliche Koma erhebliche körperliche Beeinträchtigungen. „Um Barrierefreiheit zu ermöglichen muss das komplette Elternhaus umgebaut werden“, erklärt Laurijsse.
 
Der Verein plant, ein Spendenportal zu eröffnen. Auch Sponsoren werden momentan gesucht, die für jedes hochgeladene Video eine bestimmte Summe bereitstellen. Jedoch macht es dem Organisator Sorgen, dass beim kommenden Neujahrstauchen weniger Geld zusammen kommt als in den vergangenen Jahren. Normalerweise werde über die Hälfte der Einnahmen während der Veranstaltung gespendet. Alex Laurijsse rechnet dieses Mal mit deutlich weniger Teilnehmern. „Das wäre ziemlich traurig“, sagt der Organisator. „Lorena Fleck und ihre Familie können die Spendengelder wirklich gut gebrauchen.“
 
Trotzdem hofft er, dass viele, die durch die Pandemie an Neujahr noch nichts vorhaben, das Projekt unterstützen, sich zu Hause in die Badewanne oder ins Planschbecken stürzen und auf die etwas andere Art ins neue Jahr starten.

Zurück